Medien in Nordeuropa

Kong Haakons tale, 17. Mai 1940

Die klassische Quellenkritik stößt bei der Untersuchung moderner Medien häufig an ihre Grenzen. Bei herkömmlichen, in schriftlicher Form vorliegenden Texten, ist es erheblich einfacher, Entstehungsrahmen und -hintergrund zu rekonstruieren. Deutlich komplizierter gestaltet sich dies bei digitalen Quellen und man sieht sich von vornherein mit der Frage nach der Authentizität konfrontiert. Dies ist der Grund, wieso im Folgenden die zu untersuchende Quelle, König Haakons Rede vom 17. Mai 1940 (zu finden auf der offiziellen Website des Königshauses), nicht primär im Hinblick auf den Materialhintergrund hin, sondern auf ihre inhaltliche Interpretation, sprich ihre Rhetorik und ihre ihr zu Grunde liegende Ideologie untersucht werden soll.

Bei der äußeren Kritik sind vor allem vier Punkte entscheidend: Entstehungsort, -zeit, Verfasser und Adressat. Schon bei der Ortsangabe gibt es erste Schwierigkeiten. Auf der Internetseite des Königshauses findet sich auf den ersten Blick keine diesbezügliche Angabe. Folgt man jedoch den verlinkten Seiten, kann man feststellen, dass eine weitere Rede Haakons des selbigen Tages in Bodø entstanden zu sein scheint. Man kann also davon ausgehen, dass der König sich mit großer Wahrscheinlichkeit entweder dort oder in Tromsø aufhielt, da sich hier seit dem 1. Mai der Regierungssitz befand. Das Ausstrahlungsdatum wiederum ist klar angegeben, Verfasser (Haakon) und Adressat (das norwegische Volk) gut nachzuvollziehen. Daher liegt, wie einleitend bereits hingewiesen, die größte Problematik wohl in der Ermittlung des übertragenden Mediums bzw. des ausstrahlenden Radiosenders. Norsk rikskringkasting (NRK), als größter staatlicher Sender bereits am ersten Tag der Besatzung von den Deutschen übernommen, fällt hier aller Wahrscheinlichkeit nach weg. Spekulierend könnte man annehmen, dass es sich um eine lokale Rundfunkanstalt handelte. Dennoch sollte man sich bei der vorliegenden Quelle die Frage nach der Authentizität stellen, wenn die Herkunft nicht eindeutig zu klären ist. Aus dem gesichteten Material allein lässt sich die Herkunft nicht eindeutig klären, es sollte jedoch davon ausgegangen werden können, dass es sich bei der offiziellen Seite des norwegischen Königshauses um einen seriösen Bereitsteller handelt und von einer authentischen Datei gesprochen werden kann.

Befasst man sich nun genauer mit dem Inhalt der Rede Haakons, sollten einige historische Hintergründe im Vorfeld kurz erläutert werden. Wie bereits erwähnt, befand sich Norwegen zum Zeitpunkt der Ausstrahlung schon einige Zeit unter der Besatzung der Deutschen Wehrmacht, die am 9. April in Norwegen im Zuge der Weserübung einmarschierte. Haakon lehnte nach Absprache mit seiner Regierung eine Kapitulation ab und flüchtete am 7. Juni ins Exil nach London. In Norwegen formierte sich über die Jahre der Okkupation hinweg ein organisierter Widerstand, der im Nachhinein oft als großes nationales Identifikationsbild gesehen wurde.

Der 17. Mai, der in der Rede von Haakon erwähnt wird, ist der norwegische Nationalfeiertag.

Wie geht der König nun also in seiner Ansprache vor? Meiner Meinung nach gibt es hier drei wichtige Stationen, die auch einer festen Reihenfolge folgen. Als erstes lässt sich hier das Zusammenfassen der Lage, die Rechtfertigung und Verteidigung seiner Entscheidungen, „vi valte så langt det lot seg gjøre å sette alt inn på å bevare selvstendigheten “(Min. 1:52,) und natürlich der Vorwurf dem Gegner gegenüber, „forferdelig urett den har begått“ (Min. 1:20), nennen. Haakon schafft hier also zunächst eine Grundlage für die Diskussion, ein Fundament für seine Argumentation, bei der er und seine Entscheidungen eine nachvollziehbare Motivation bekommen.

Der nächste Punkt ist der Kontakt zum Volk. Dies geschieht, indem er einerseits einzelne Bevölkerungsgruppen („telegraffolk, jernbanefolk, arbeidere“(Min. 3:40), „marinen“(Min. 3:07)) als positives Beispiel hervorhebt, „[som] har hjulpet militærvesenet i disse vanskelige dager“(Min. 3:35), andererseits aber an die ganze „sivilbefolkningen“(Min. 4:02) appelliert. Indem er hier die breite Masse einbezieht, schafft er eine Identifikationsgrundlage für das gesamte Volk. Zudem wird sogleich auch der zukünftige Verbündete zweifelsfrei festgestellt: „med våre alliertes hjelp“(Min. 2:40) soll die Freiheit zurückgewonnen werden.

Eng hiermit einhergehend, als letztes und vielleicht wichtigstes Glied in seiner Argumentationskette, steht der positive Ausblick in die Zukunft, den der König gibt. Ein Volk unter Fremdverwaltung braucht Hoffnung und Haakon gibt sie der Bevölkerung: es ist von elementarer Bedeutung „ ikke å oppgi troen på og håpet om at dere skal befries“(Min. 4:37). Denn nur so können die Menschen ihre Aufgabe erfüllen: „å bevare Norge som et fritt, selvstendig land“(Min. 4:59).

Haakons Rhetorik ist klar, präzise und perfekt konstruiert. Er gibt seinem Land, seinem Volk eine Aufgabe, mit dem es seine Hoffnungen verbinden kann. Er schafft eine argumentativ unterstützte Grundlage für den Widerstand, für die Identifikation eines jeden norwegischen Bürgers. Schließlich stellt er auch die Verbindung zwischen sich und seinen Untergebenen her, der vielleicht wichtigste Gesichtspunkt. Haakon sichert sich so die zukünftige Unterstützung.

Dass er mit seiner Argumentation wichtige Impulse gab, kann man am sich bald darauf formierenden Widerstand herauslesen. Inwieweit aber Haakons Rede den Widerstand tatsächlich beeinflusste, kann heute nicht mehr eindeutig nachvollzogen werden.

– verfasst von Felix Guhl (Bachelorstudierender der Skandinavistik/Nordeuropa-Studien am Nordeuropa-Institut)

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Waffen-ss.no: Wissen oder Werbung?

Screenshot von waffen-ss.no

Screenshot von waffen-ss.no

“This is a non-political site and does NOT subscribe to any revisionist organizations and neo-nazi beliefs. The people behind this site, are completely clear of all the cruelty the German nazi regime caused! This site is for other historians, and mainly WWII Collectors.” 

heißt es in dem Disclaimer vor Betreten der Seite waffen-ss.no. Doch die Betreiber der Seite sucht man vergebens; ein Impressum gibt es nicht. Offensichtlich bekennt sich niemand zu den Inhalten auf waffen-ss.no. Thematisch widmet sich die Internetseite der Geschichte der Waffen-SS.

Beim Betrachten der Hauptseite fällt zunächst der Header auf. Dort befindet sich ein bunt gestalteter Werbebanner, der mit einem Military-Memorabilia-Shop namens 1944Shop.com verlinkt ist. An den Rändern der Hauptseite befindet sich das Menü. Der Mittelteil ist inhaltslos.

Insgesamt enthält das Menü auf der Hauptseite sechs thematisch-sortierte Unterpunkte. Der erste Menüpunkt HISTORY PAGES liefert eine kurze historische Darstellung über Kriegsverbrechen, die von der Waffen-SS während des Zweiten Weltkrieges begangen wurden. Der folgende Menüpunkt Norwegians volunteeres in Waffen-SS [sic!] dokumentiert die verschiedenen norwegischen Ausprägungen innerhalb der Waffen-SS. Dem Aufbau der Organisation widmet sich dritte Unterpunkt WAFFEN-SS. Der vierte Menüpunkt WAFFEN-SS DIVISIONS listet verschiedene SS-Divisionen auf und dokumentiert diese auf weiteren Unterseiten. Der fünfte Menüpunkt WWII “COLLECTORS“ PAGES beinhaltet drei Archive mit Verlinkungen zu anderen Stätten im Internet. Weitere Artikel zu diversen Themen, die mit der Waffen-SS in Verbindung stehen, werden im sechsten Unterpunkt ARTICLES geliefert.

Die Texte auf waffen-ss.no sind sehr ausführlich, informativ und enthalten zahlreiche Fakten und Daten, die aber, wie auf vielen Internetseiten leider üblich, nicht durch Quellen belegt werden. Zudem illustrieren auf den einzelnen Unterseiten zahlreiche Fotos, Propagandaplakate und eingescannte Dokumente aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges den textlichen Inhalt. Die meisten Bilder sind mit der URL der Seite versehen. Teilweise wurden bei der Beschriftung der Bilddokumente Frakturschriften benutzt, die im Gesamtkontext der Seite unangemessen erscheinen.

Der oben genannte Werbebanner und ein Disclaimer, der die Seite nochmals von jeglichem politischen Gedankengut distanziert,  werden als einzige feste Elemente auf jeder Unterseite angezeigt. Unter vielen Fotos von Ausrüstungsgegenständen und Medaillen, welche auf den Unterseiten gezeigt und beschrieben werden, befindet sich unter den Bildunterschriften der Zusatz „You can buy it here“ mit entsprechender Verlinkung zu 1944Shop.com. Unweigerlich stellt sich die Frage, ob die Texte eine erweiterte Produktbeschreibung mit historischen Zusatzinformationen zu den im Internetshop angebotenen Artikeln sind.

Die enge Verknüpfung von waffen-ss.no und 1944Shop.com untereinander sowie die Gestaltung und der Schreibstil beider Seiten lassen darauf schließen, dass der Betreiber ein und derselbe ist. Auf beiden Seiten befindet sich jedoch kein Impressum.

Abschließend lässt sich feststellen, dass waffen-ss.no eine sonderbare Seite ist, die mit einem kritischen Blick begutachtet werden sollte. Die Frage, wer diese Seite betreibt, bleibt offen. Auch der konzeptionelle Hintergrund der Homepage ist fragwürdig. Möchte sie Wissen vermitteln oder ist sie einfach nur eine Katalogseite, die nostalgische Gegenstände bewirbt und diese über den angebundenen Onlineshop indirekt zum Verkauf anbietet?

Der Disclaimer auf der Startseite wirkt grotesk, in Anbetracht der Tatsache, dass die Seite unmittelbar den Namen der Waffen-SS adaptiert und sich der Betreiber nicht zu erkennen gibt. Eine objektive Internetseite, die sich von den Taten der Waffen-SS distanziert, sollte anders auftreten.

Dennoch muss festgehalten werden, dass waffen-ss.no ein Thema der norwegischen Okkupationszeit behandelt, das in der Geschichtsschreibung bis jetzt wenig Beachtung gefunden hat und so, wenn auch ungewollt, auf einen Missstand in der norwegischen Historiografie hinweist.

-MF-

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Norges Krigsbarnforbund – Vereinsseiten als Beitrag zur Erinnerungskultur

Screenshot der Startseite des NKBF

Screenshot der Startseite des NKBF

nkbf.no ist die Homepage des Vereins für norwegische Krigsbarn [im Sinne des zuvor publizierten Beitrags zum Thema Krigsbarn zu verstehen]*. Bereits auf der Startseite wird die Zielgruppe des Vereins und folglich auch der hier untersuchten Internetseiten klar definiert. Die Interessenorganisation richtet sich gemäß des Einleitungstextes vor allem an Personen, die im Zeitraum 1940-1946 von norwegischen Müttern geboren wurden und deren Väter der deutschen Besatzungsmacht angehörten.

Weiterhin folgt der Hinweis auf die parteipolitische Neutralität und auf die Gründung des Vereins, am 18. Februar 1986 durch Per Arne Løhr Meek. Dieses Datum findet sich auch im Header direkt unter dem Namen des Vereins.

Die eigene Zielsetzung des Vereins wird anhand von Fragestellungen und Stichpunkten auf der Startseite deutlich gemacht. Zusammenfassend liegt der Fokus darauf, die Interessen der Krigsbarna zu wahren und wahrzunehmen, Aufklärungsarbeit zu leisten, sowie Rat und Unterstützung bei der Suche nach der Herkunft zu bieten. In einem kurzen Seitentext, der auf den ersten drei Hauptseiten der Homepage ein festes Bestandteil des Layouts ist, lassen sich diese Zielsetzungen wiederfinden in der sogenannten Vision des Vereins ‚die 40 Jahre lang verschwiegene Geschichte der Krigsbarna ins Licht der Öffentlichkeit zu bringen‘.

Die Internetpräsenz des Vereins ist nur in norwegischer Sprache verfügbar. Eine Online-Registrierung als Mitglied ist nicht möglich, jedoch finden sich in der Navigationsleiste unter dem Reiter Om Forbundet [über den Verein] Kontaktdaten zum Sitz des Vereins in Nesoddtangen, sowie zur Leitung des Vereins und zu regional zuständigen Personen. Die Hauptleitung hat im Moment Gerd-Inger Resch inne, die selbst als Krigsbarn aufwuchs, wie in einem Artikel der norwegischen Zeitung Aftenposten nachzulesen ist. Für Mitglieder des Vereins stellt die Seite ein Mitgliedsblatt ‚Røtter‘ [Wurzeln] zur Verfügung, das jedoch nicht öffentlich zugänglich ist. Hier zeigt sich die Orientierung an der bereits erwähnten relativ klar definierten Zielgruppe.

Inhaltlich bieten die Seiten des NKBF tiefergehende Einblicke in die Vereinsgeschichte, sowie in die Satzung des Vereins und die Hauptanliegen der Vereinsarbeit. Entsprechend findet sich in der Navigationsleiste ein Bereich mit der Überschrift Finn din Far! [Finde deinen Vater!]. Hier werden notwendige Informationen zur Suche nach dem deutschen Vater bereitgestellt. Unter anderem erfolgt Aufklärung über die rechtliche Lage bezüglich der Einsicht in Archivmaterial, sowie ein Fragebogen, der an deutsche Kontaktpersonen gesendet werden kann, die bei der Recherche weiterhelfen.

Außerdem liefert die Homepage unter dem Stichwort Dokumentasjon [Dokumentation] eine Übersicht zur rechtlichen Aufarbeitung der Krigsbarn-Thematik, sowie zur Stellungnahme von staatlicher Seite. Laut nkbf.no begann die offizielle öffentliche Auseinandersetzung mit der Geschichte der Krigsbarn-Thematik im April 1998, mit einem von Bjørn Hernæs gestellten Antrag an das norwegische Parlament, mit der Aufforderung zur Untersuchung der Situation der Krigsbarn. Vertiefende Informationen zur rechtlichen Aufarbeitung liefert zusätzlich eine umfangreiche Linksammlung, die ebenfalls in der Navigationsleiste unter dem Bereich Dokumentasjon zu finden ist.

Einen allgemeinen Einblick in die Geschichte der Krigsbarn liefert die Subpage mit dem Titel Litteratur [Literatur]. Hier findet sich eine Literaturliste mit einer Auswahl an Publikationen sowohl wissenschaftlicher wie auch belletristischer Art. Außerdem wird ein Aufsatz von Kåre Olsen zur Verfügung gestellt, der sich mit der Rolle von Archiven bei der Aufarbeitung der Sache der Krigsbarn befasst.

Nahezu vollkommen verzichtet wird auf die Darstellung von Einzelschicksalen oder die nähere Beschreibung alltäglicher Lebensumstände mit denen Krigsbarna konfrontiert werden konnten und auch immer noch konfrontiert werden können. Dies wäre jedoch meines Erachtens dem Hauptinteresse der Vereinsseiten nicht zuträglich, sondern würde diese überladen wirken lassen. Außerdem bietet vor allem die erwähnte Literaturliste eine gute Ergänzung in dieser Hinsicht.

Die Gestaltung der Homepage des NKBF ist sehr übersichtlich und gradlinig, wodurch sie einen seriösen Eindruck macht. Zudem ist der Verzicht auf Werbung der Seriosität zuträglich. Die äußerliche Form dient dem Inhalt, insofern die benannte Zielsetzung der Seite ist, der Aufklärung zu dienen und Informationen bereit zu stellen. Dank einer sinnvollen Unterteilung in Teilbereiche der Seite, wirkt die Homepage übersichtlich und lässt sich leicht bedienen. Dies wird zusätzlich durch eine einheitliche Farbgestaltung in grau, blau und orange Tönen unterstützt. Auch auf Bebilderungen wird weitestgehend verzichtet, was der Schwerpunktsetzung auf sachliche, informative Inhalte entspricht und die Aufmerksamkeit auf den Text lenkt. Der Thematik entsprechend wurde für den Header eine norwegische Flagge gewählt, die in eine deutsche Flagge der heutigen Zeit übergeht. Die ineinandergreifenden Kanten der Flaggen sind jeweils zackenförmig ausgefranst. Auf den ersten Blick zeigt sich durch die Darstellung der beiden Flaggen deutlich die Verbindung zwischen deutscher und norwegischer Geschichte. Bei näherer Betrachtung könnten die Kanten jedoch als Hinweis auf die häufig sehr schmerzhaften und sozusagen ’scharfkantigen‘ Folgen/Spuren der Geschichte gedeutet werden. Die Wahl der Nachkriegsflagge Deutschlands und nicht der deutschen Flagge der Besatzungszeit, kann als Hinweis auf die Aktualität des Themas interpretiert werden. In Zusammenhang mit den langen Jahren des Schweigens und der stetig sinkenden Zahl von Zeitzeug_innen, entspräche dies der Notwendigkeit von Erinnerung und Aufarbeitung gerade auch in der heutigen Zeit. Gleichzeitig kann die Wahl der Flagge auch als Vermeidung von Hakenkreuzen zur Illustration der Website verstanden werden.

Wie bereits erwähnt, scheint die Internetpräsenz des NKBF eine relativ klare Zielgruppe zu haben, entsprechend der Hauptanliegen des Vereins. Darüber hinaus liefert die Homepage jedoch einen hilfreichen Eindruck über den Stand der öffentlichen und rechtlichen Thematisierung und Aufarbeitung der Geschichten der Krigsbarna. Dies lässt sie zu einer seriösen Quelle für erinnerungskulturelle Forschungsfragen werden, vor allem bezüglich des Beitrags zur geschichtlichen Aufarbeitung durch Vereinsarbeit.

*Die Übersetzungen im Text stammen von der Autorin und sind durch [ ] gekennzeichnet.

FE

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Krigsminne – Erinnerungsort »Festung Bergen«

Screenshot von Krigsminne

Screenshot von Krigsminne

Im Jahr 2005, 60 Jahre nach der Befreiung des vom Deutschen Reich okkupierten Norwegen, startete das Mediencenter der Høgskole i Bergen in Zusammenarbeit mit dem Kulturnett Hordaland das digitale Projekt Krigsminne. Ziel der Internetseite ist das Bereitstellen von Informationen über Verteidungs- und Festungsanlagen in und um Bergen. Ferner werden die beschriebenen Anlagen in den Kontext des Zweiten Weltkrieges und den deutschen Plänen der so genannten »Festung Norwegen« und des »Atlantikwalls« eingebettet.

Leicht verständliche und gut recherchierte Texte bilden den Kern der Wissensvermittlung auf Krigsminne. Rund 70 Bilder, von denen, laut Kulturnett Hordaland, ca. die Hälfte zuvor unveröffentlicht waren, unterstützen die Aussagen der Texte. Zudem gibt es zahlreiche Animationen, die beispielsweise die Funktionsweise eines Kanonengeschosses illustrieren.

Das Seitenmenü ist in acht Unterpunkten aufgegliedert. Der erste Menüpunkt Bergen Befestningsverker gibt einen Überblick über die Geschichte der Festungsanlagen in und um Bergen, beginnend ab 1905. Des Weiteren werden hier mögliche strategische Schutzmaßnahmen beschrieben und diskutiert, die das norwegische Militär im Falle eines feindlichen Angriffes ergriffen hätte bzw. hat. Eine Schilderung aus Sven-Erik Grieg-Smiths Buch „Ingen fiendtlige hensikter“ (Agder 1989) über den deutschen Angriff auf Bergen am 9. April 1940 wird auszugsweise dargestellt.

Der zweite Menüpunkt Festung Bergen beschreibt den Ausbau und die Nutzung der Befestigungsanlagen durch die Wehrmacht in der Okkupationszeit. In diesem Menüpunkt gibt es eine Karte, welche die Stellungen der Geschütze markiert, sowie zwei Animationen. Die eine Animation illustriert, wie die Wehrmacht sich einen alliierten Angriff auf Bergen vorstellte. Die zweite Animation gibt einen Eindruck davon, wie sich ein Soldat bei einem Angriff auf einen Bunker gefühlt haben musste. Ferner gibt es hier zwei Querverweise auf Unterseiten der Homepage, die sich den Themen »Festung Norwegen« und »Atlantikwall« widmen.

Die nächsten Unterpunkte des Hauptmenüs drehen sich um die drei Festungsanlagen Kvarven, Fjell und Tellevik. Zu jeder dieser Anlagen werden geschichtliche Überblicke gegeben und Archivfotos gezeigt. Besonderheiten in diesen Menüpunkten sind ein Fotoalbum eines unbekannten deutschen Soldaten, der auf Tellevik stationiert war, ein interaktiver Rundgang über die Festung Kvarven sowie eine Animation über das Bunkersystem der Festung Fjell. Zudem wird eine Kanone im Betrieb animiert dargestellt.

Der sechste Menüpunkt Festung Norwegen beschäftigt sich mit dem durch die deutsche Besatzungsmacht in Auftrag gegebenen systematischen Ausbau der norwegischen Küste und kontextualisiert dieses Vorhaben mit dem »Atlantikwall«, der die militärische Verteidigung der westlichen Außengrenzen des Deutschen Reichs in der Zeit des Zweiten Weltkrieges gegen alliierte Kräfte garantieren sollte.

Der siebente Menüpunkt Arkivet bietet Downloads von Filmen, Fotos und Zeitungsartikeln rund um die Okkupationszeit in Norwegen an. Des Weiteren werden hier Querverweise zu anderen Internetseiten gegeben, die sich inhaltlich sowohl mit den gleichen Themen wie Krigsminne befassen als auch im Allgemeinen mit der Zeit 1940-1945 in Norwegen. Abschließend folgt eine Auflistung von Museen, die sich mit bestimmten Aspekten des Zweiten Weltkriegs beschäftigen.

Der achte und zugleich letzte Menüpunkt Kart beinhaltet selbst erstelltes Kartenmaterial zu den auf Krigsminne besprochenen Themen sowie eine Animation über einen, zum damaligen Zeitpunkt, möglichen Angriff der alliierten Streitkräfte auf Norwegen und einen Link zu der Homepage des Herdla Museums.

Gestalterisch gibt sich Krigsminne schlicht. Bis auf die Animationen und vereinzelte Bilder ist die Internetseite durchweg in Schwarz, Weiß und Grau gehalten. Die Animationen sind hilfreich, um bestimmte räumliche Gegebenheiten darzustellen. Dennoch wirken sie oft zu verspielt und durch das dort partiell falsch gesprochene bzw. geschriebene Deutsch unseriös. Die Schrift auf den Bildern ist teilweise in einer Frakturschriftart geschrieben, was sehr an die Schriftarten erinnert, die in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland verwendet wurden.

Krigsminne stellt sich als ein sehr interessanter Internetauftritt dar, der durch den gezielten Einsatz verschiedener Medien einen Nutzen stiftenden Weg gefunden hat, Wissen zu vermitteln. Auch die thematische Spezialisierung auf Befestigungsanlagen in Bergen macht die Seite einzigartig. Hinzu kommt, dass man für das Verständnis der verwendeten Begriffe kaum Vorwissen benötigt, was die Seite auch für ‚Laien’ interessant macht.

Dennoch gibt es auch einige Defizite, welche die Seite in ihrem Gesamteindruck schmälern. Das Archiv stellt Material aus der Okkupationszeit Norwegens zur Verfügung und liefert somit prinzipiell gute Quellen. Jedoch sollten hier und auch zu den jeweiligen Bildern auf der Homepage bibliografische Angaben gemacht werden, um ein wissenschaftliches Arbeiten mit diesen Dokumenten zu ermöglichen. Einige Links funktionieren nicht mehr. Die Frakturschrift auf einigen Bildern lässt auf einen zu lockeren Umgang mit der behandelten Thematik schließen.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass Krigsminne ein informatives Projekt der Aufarbeitung eines speziellen Aspektes der Okkupationszeit in Norwegen ist, das durch regelmäßige Updates und eine detailliertere Überarbeitung der Optik an Wert gewinnen würde.

-MF-

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Digitalokkupasjon.no – ein bemerkenswertes Projekt mit Schwächen

Screenshot von digitalokkupasjon.no

Screenshot von digitalokkupasjon.no

Digitalokkupasjon.no ist eine norwegischsprachige Internetseite, die am 23. November 2001 vom Medienwissenschaftler Jostein Saakvitne von der Hochschule in Bergen gestartet wurde und vom Fond for lyd og bilde des norwegischen Kulturrådet unterstützt wird. Ziel der Seite ist das Sammeln, Bewahren und zur Verfügung stellen von Materialien aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges und der Besatzung Norwegens 1940-1945. Schwerpunktmäßig werden die Themen Konzentrationslager, Propaganda und psychologische Kriegsführung, Fluchtwege aus Norwegen sowie militärische Kollaboration aufgearbeitet.

Akustische und teilweise transkribierte Augenzeugenberichte bilden den methodologischen Kern der Wissensvermittlung in den Themenfeldern Konzentrationslager und Fluchtwege aus Norwegen. Insgesamt kommen vier unterschiedliche Zeitzeugen zu Wort: zwei ehemalige Widerstandskämpfer berichten von ihrer Zeit in norwegischen und deutschen Konzentrationslagern, ein ehemaliger norwegischer Soldat der Waffen-SS berichtet von seinem Schicksal in sowjetischer Gefangenschaft und ein weiterer Zeitzeuge erzählt von seiner Flucht aus Norwegen.

Dem Themenschwerpunkt Propaganda und psychologische Kriegsführung wird eine ausgelagerte Sonderseite gewidmet. Man erhält einen Überblick über das Thema im Allgemeinen und dessen Anwendung im Ersten und Zweiten Weltkrieg, in der Zwischenkriegszeit sowie in der Nachkriegsphase aus verschiedenen nationalen Perspektiven.

Verlinkungen zu anderen Internetseiten nehmen eine zentrale Rolle auf digitalokkupasjon.no ein. Zu jedem Themenschwerpunkt gibt es ein Link-Archiv zu weiterführenden Homepages. Der Aspekt der militärischen Kollaboration wird gänzlich auf nordiki.no, ein interdisziplinäres Projekt Bergenser Wissenschaftler über die Zeit des Zweiten Weltkrieges in Norwegen, ausgelagert.

Die Gestaltung der Homepage wirkt auf den ersten Blick verwirrend. Die Farbgebung ist durchgehend in Schwarz, Weiß und Rot gehalten. Im Header befindet sich ein lächelnder brauner Soldatenkopf. Die Überschrift der Startseite im Tab lautet „Im nacht und nebel“ [sic!]. Wir erinnern uns: der so genannte „Nacht-und-Nebel-Erlass“ war ein Befehl Hitlers vom 7. Dezember 1941, dem die Inhaftierung tausender Widerstandskämpfer in den damals besetzten Gebieten des Deutschen Reichs folgten. In Anbetracht dieses ersten Eindrucks kann der Verdacht entstehen, dass es sich bei digitalokkupasjon.no selbst um eine Propagandaseite handelt, welche die Okkupationszeit glorifiziert. Beginnt man jedoch mit der genaueren Lektüre der Seite bestätigt sich dieser Eindruck nicht. Auf der Startseite wird der Leitgedanke des Projektes erläutert. Ein Link, der durch das Klicken auf ein Bild anwählbar ist, führt direkt auf die Seite nordiki.no. Des Weiteren befindet sich der Name Jostein Saakvitne in blauen Lettern auf der Startseite. Klickt man auf dieses Textfeld, gelangt man auf ein Verlinkungsarchiv zu diversen anderen Internetprojekten Saakvitnes. Ein viergliedriges Seitenmenü lässt auf die Themenschwerpunkte der Seite schließen. Wird einer der Menüpunkte angewählt, erscheint eine neue Anzeigeseite mit neuen Menüpunkten. Viele Farb- und Schwarz-Weiß-Bilder, welche passend zur Thematik arrangiert wurden, illustrieren die textlichen Inhalte.

Digitalokkupasjon.no weist viele technische Defizite auf, welche die Nutzung erschweren. Einige Links und teilweise Menüpunkte funktionieren nicht bzw. nicht mehr. Seit Inbetriebnahme der Homepage wurde keine weitere Aktualisierung vorgenommen. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Zeitzeugenberichten erscheint diffizil, da die Audiodateien von drei der vier Zeitzeugenberichte nicht abspielbar sind und die Transkriptionen teilweise mit „…“ oder dem Hinweis, dass Textausschnitte noch nachgereicht werden, abgekürzt wurden. Es werden weder Orts- noch Datumsangaben zu den Interviews gemacht. Ferner wird nicht angegeben, ob das Interview gekürzt wurde, wie die Fragen des Interviewers lauteten und unter welchen Bedingungen das Interview zu Stande kam.

Abschließend lässt sich feststellen, dass die Seite interessante Thematiken und Techniken aufgreift, um an den Zweiten Weltkrieg in Norwegen zu erinnern. Die Zeitzeugenberichte lassen die Geschichtsschreibung aus einer weiteren Perspektive begreifen. Der Bericht des ehemaligen Soldaten, der sich freiwillig auf die Seite der Deutschen stellte, bricht mit dem weit verbreiteten Widerstandsmythos, der sich lange in der norwegischen Historiografie über den Zweiten Weltkrieg hielt. Die oben genannten Defizite schmälern den Gesamteindruck der Internetseite jedoch und lassen sie in wissenschaftlicher Hinsicht unseriös wirken.

Digitalokkupasjon.no erscheint somit insgesamt als ein bemerkenswertes Projekt, das allerdings eine umfassende Aufarbeitung und Aktualisierung benötigt.

-MF-

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Die Zukunft der Musikbranche – Streaming-Dienste

Spotiy

Spotiy

Platten sind retro, CD’s schon wieder out und Musicdownload überholt. Napster, simfy, Spotify & Co., sogenannte Streaming-Dienste, sind nun das must have. Während Schweden bereits 82 Prozent der digitalen Umsätze mit Online-Streaming macht, steckt die Musikbranche in Deutschland diesbezüglich noch in den Kinderschuhen … Weiterlesen

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Gesicht geben

© Andrea Gjestvang | Agentur MOMENT

© Andrea Gjestvang | Agentur MOMENT

Norwegen, 22. Juli 2011 – ein Tag, der für immer im kollektiven und persönlichem Gedächtnis verankert sein wird. Bei einem Bombenanschlag im Regierungsviertel Oslos sterben acht Menschen. Wenige Stunden später werden 69 Jugendliche auf der Insel Utøya getötet. Während die Person Anders Bering Breivik im Vordergrund des medialen Interesses stand, widmete sich die Fotografin Andrea Gjestvang den Überlebenden. Weiterlesen

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Schwedens digitale Rundfunk- und Fernseharchive: Zeitgeschichte nacherleben im Internet

Das Team von Eisbrecher probiert etwas Neues: Dieser Artikel ist als Podcast abrufbar – mit zahlreichen Orginal-Ton-Dokumenten aus den Archiven des Schwedischen Rundfunks zum Anhören. Vielen Dank für die freundliche Genehmigung an Anna Wesslau (Sveriges Radio)! Weiterlesen

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Reporters without Borders: Internetsituation in Skandinavien top!

SWEDENEin wahres Sammelsurium an Informationen über Internetzensur bietet die Homepage Reporters without Borders. Auf der Homepage werden akribisch jegliche Informationen zur Internetzensur weltweit, nach Ländern sortiert, zusammengetragen. Natürlich werden hier auch Informationen zu den skandinavischen Ländern zusammengetragen.

Jedes Jahr werden auf der Homepage die „Internet enemies“ gekührt. Die „Internet enemies“ 2012 waren: Bahrain, Belarus, Burma, China, Cuba, Iran, Nord Korea, Saudi Arabien, Syrien, Turkmenistan, Uzbekistan und Vietnam. Kein einziges europäisches Land ist unter „enemies“. Frankreich und die Türkei stehen jedoch „unter Beobachtung“. Weiterlesen

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